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CAE-Systeme (Computer-Aided Engineering) in der Elektrotechnik

Elektrische Anlagen, Steuerungssysteme und Schaltschränke effizient und präzise planen und dokumentieren

Elektrische Anlagen, Steuerungssysteme und Schaltschränke effizient und präzise planen und dokumentieren

In der Elektrotechnik ist die Nutzung von CAE-Systemen (Computer-Aided Engineering) von zentraler Bedeutung, um komplexe elektrische Anlagen, Steuerungssysteme und Schaltschränke effizient und präzise zu planen, zu entwickeln und zu dokumentieren. Im Vergleich zu CAD-Systemen, die sich hauptsächlich auf die Gestaltung und das Design von mechanischen Bauteilen fokussieren, unterstützen CAE-Systeme den gesamten elektrotechnischen Entwicklungsprozess. Sie ermöglichen es, elektrische Systeme zu entwerfen, Verbindungen zu planen, Signale zu definieren und eine konsistente, normgerechte Dokumentation zu erstellen.

Mit Funktionen wie automatisierten Schaltplanerstellungen, detaillierten Schaltschrankplanungen, bidirektionaler Datenintegration und der Möglichkeit zur Erstellung digitaler Zwillinge sorgen diese Systeme für hohe Planungseffizienz, Normgerechtigkeit und Fehlervermeidung. Durch die Integration in moderne Entwicklungsprozesse und die Einbindung innovativer Technologien wie KI und Cloud-Computing treiben CAE-Systeme die Digitalisierung und Automatisierung in der Elektrotechnik weiter voran und ermöglichen zukunftsweisende Lösungen für eine präzise und effiziente Projektumsetzung.

Funktionen und Features moderner CAE-Systeme

Detaillierte Schaltplanerstellung und Elektroprojektierung

Im Mittelpunkt von CAE-Systemen steht die Erstellung von Stromlaufplänen, Verbindungsplänen und Schaltanlagen, die alle elektrischen Komponenten und deren Verbindungen genau definieren. Ein Hauptmerkmal ist dabei die parametrische Darstellung von Bauteilen. Hier werden nicht nur einfache Symbole genutzt, sondern die Bauteile sind mit umfassenden Daten verknüpft, darunter technische Eigenschaften, Schaltbilder, Anschlussdaten, Signalinformationen, Materialdaten, Herstellerangaben und Stücklisteninformationen. Diese umfassende Datenhaltung ist entscheidend für eine präzise Planung und Fehlervermeidung im weiteren Projektverlauf.

Die elektrische Projektierung in einem CAE-System basiert auf objektorientierten Datenmodellen. Das bedeutet, dass jede Komponente ein eigenständiges Objekt darstellt, das jederzeit referenziert, verknüpft und analysiert werden kann. Ein Vorteil dieser Methode ist die Möglichkeit, elektrische Komponenten mit logischen Verbindungen zu versehen, was wiederum eine automatisierte Prüfung auf Fehler oder Inkonsistenzen ermöglicht. Zudem bieten viele CAE-Systeme auch intelligente Funktionen zur Kabelverfolgung, zur automatischen Kreuzung von Leitungen und zur Erstellung mehrpoliger Darstellungen.

Schaltschrankaufbau in 2D und 3D

Die Planung von Schaltschränken geht weit über einfache Layouts hinaus und umfasst die vollständige Konstruktion des Schaltschranks, einschließlich der Positionierung von Komponenten, der Kabelwege, der Klemmenleisten und der Erdungskonzepte. Experten nutzen CAE-Systeme, um den Schaltschrank virtuell in 3D zu modellieren. Diese 3D-Modelle bieten eine realistische Darstellung des Aufbaus, sodass Verdrahtung, Platzbedarf und Montageabläufe effizient geplant werden können.

Die Integration einer automatischen Kollisionsprüfung in den 3D-Modellen sorgt dafür, dass bereits während der Planung Kollisionen zwischen Bauteilen, Kabelkanälen und Gehäuseteilen erkannt werden. Zudem ermöglichen Wärmeberechnungsfunktionen eine Simulation der entstehenden Wärme in einem Schaltschrank, sodass die Platzierung von Wärmequellen, Lüftern oder Kühlaggregaten optimiert werden kann, um Überhitzung zu vermeiden.

Hochentwickelte Kabel- und Verbindungsplanung

CAE-Systeme unterstützen Experten bei der detaillierten Planung von Kabeln, Leitungen und Verbindungen. Dabei können alle relevanten Kabelparameter spezifiziert werden, darunter Leitungsquerschnitte, Aderfarben, Schirmungen, Stecker, Signalarten und Kabellängen. Die Software ermöglicht die automatische Berechnung von Kabellängen auf Basis der 3D-Schaltschrankmodelle oder Anlagenlayouts, wodurch der Aufwand für die Verkabelung erheblich reduziert wird.

Um die Konsistenz sicherzustellen, erfolgt eine automatisierte Kontrolle der Verkabelung, die auf Plausibilität, Kurzschlussgefahren und die Einhaltung von EMV-Richtlinien (elektromagnetische Verträglichkeit) überprüft. Die Kabelverfolgung innerhalb des Systems erlaubt es, jederzeit die Signalwege, Kabelführung und Anschlusspositionen zu analysieren und anzupassen.

Funktionale Integration von SPS- und Automatisierungskonzepten

Ein wesentlicher Aspekt moderner CAE-Systeme ist die enge Verzahnung von elektrotechnischer Planung und Automatisierung. Experten können innerhalb des CAE-Systems Steuerungskonzepte erstellen und Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) definieren. Die Hardwareplanung der SPS-Komponenten ist dabei direkt mit den Signal- und Schaltplänen verknüpft, sodass Eingänge, Ausgänge, Signalbezeichnungen und Funktionsbeschreibungen direkt abgeleitet werden können. Moderne CAE-Systeme unterstützen zudem die Entwicklung nach IEC 61131-3, dem internationalen Standard für SPS-Programmierung. Die Integration mit Programmiertools für SPS ermöglicht einen durchgängigen Workflow, in dem Hardware- und Softwareentwicklung parallel erfolgen und Abstimmungsfehler reduziert werden. Die Simulation und Validierung von Steuerungsabläufen können in einer virtuellen Umgebung durchgeführt werden, bevor sie in der realen Hardware getestet werden.

Normgerechte und automatisierte Dokumentation

Eine präzise und normgerechte Dokumentation ist im Elektrotechnik-Engineering entscheidend für die Abnahme, den Betrieb und die Wartung der Anlage. CAE-Systeme ermöglichen eine automatisierte Erstellung aller notwendigen Dokumente, die anhand der Projektinformationen und Schaltpläne generiert werden.

Dazu zählen:

  • Stücklisten: Automatisch generierte Materiallisten mit allen notwendigen Bauteilen, Komponenten, Kabeln und Verbindern.

  • Klemmpläne und Verdrahtungslisten: Detaillierte Pläne, die die genaue Verdrahtung, Klemmstellen, Brücken und Kabelverbindungen dokumentieren.

  • Gerätelisten und Prüfprotokolle: Listen über alle verwendeten Geräte mit Prüfzeichen, technischen Daten und Testberichten.

  • Kabellisten und -verlegepläne: Informationen über Kabellängen, -typen und -wege, die für die Installation und Wartung benötigt werden.

  • Normgerechte Prüfungen: Viele Systeme beinhalten automatische Prüfalgorithmen, um sicherzustellen, dass die Dokumentation und die Schaltung den gültigen Normen (wie DIN, VDE, IEC) entsprechen. Diese Funktionen decken potenzielle Fehler auf und ermöglichen die Einhaltung von Sicherheits- und Qualitätsstandards.

Digitale Zwillinge und Virtual Prototyping

CAE-Systeme unterstützen die Erstellung digitaler Zwillinge – vollständige, digitale Abbilder von Schaltschränken, Anlagen und Steuerungssystemen, die alle Komponenten, Verbindungen und Funktionalitäten abbilden. Diese digitalen Zwillinge ermöglichen die virtuelle Inbetriebnahme (VIBN), bei der Experten die Funktionalität der Anlage virtuell testen können, bevor die physische Installation beginnt. Dadurch können Steuerungsabläufe überprüft, Fehlerquellen frühzeitig erkannt und Planungsfehler vermieden werden.

Die Virtualisierung beschleunigt nicht nur den Entwicklungsprozess, sondern minimiert auch Risiken bei der Inbetriebnahme und Wartung der Systeme. Zudem ermöglicht sie umfangreiche Tests von Schnittstellen, Kommunikationsprotokollen und Steuerungssignalen, was die Zuverlässigkeit und Funktionalität der Anlagen erhöht.

Komponentenbibliotheken und Datenbanken

CAE-Systeme greifen auf umfangreiche, konfigurierbare Datenbanken zurück, die alle elektrischen Komponenten und Materialien enthalten, die für die Planung und Entwicklung verwendet werden. Herstellerbibliotheken mit realen Bauteildaten ermöglichen eine schnelle Auswahl und Spezifizierung von Komponenten, die direkt in die Planung übernommen werden können. Dabei enthalten diese Datenbanken nicht nur Symbole und Abmessungen, sondern auch technische Spezifikationen wie Leistung, Anschlüsse, Montageanweisungen und Zertifikate.

Die Verwendung standardisierter Komponentenbibliotheken ermöglicht die Automatisierung vieler Prozesse und sorgt für Konsistenz in der Planung. Zudem können Experten eigene Bauteilbibliotheken und Makros erstellen, die projektspezifisch angepasst und wiederverwendet werden können.

Schnittstellen für Datenaustausch und Prozessintegration

Um eine durchgängige Produktentwicklung sicherzustellen, verfügen CAE-Systeme über Schnittstellen zu anderen Systemen, die in den Entwicklungsprozess eingebunden sind. Dies umfasst die Integration in ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning), um die Beschaffung, Lagerverwaltung und Produktionsplanung zu unterstützen, sowie in PLM-Systeme (Product Lifecycle Management) für eine vollständige Dokumentation und Nachverfolgung des Produktlebenszyklus.

Die Schnittstellen sind auch auf mechanische CAD-Systeme ausgelegt, um einen konsistenten Datenaustausch zwischen mechanischen und elektrotechnischen Planungen zu ermöglichen. So kann z.B. die Platzierung von Kabelkanälen, Gehäusen oder Komponenten in 3D-Modellen abgestimmt werden, sodass mechanische und elektrische Entwicklungen harmonieren. Zudem erlauben Schnittstellen die Integration mit Produktionsmaschinen, z.B. CNC-Fräsen oder Kabelkonfektionierungsmaschinen, um die Fertigung von Schaltschrankteilen oder Kabelbäumen direkt aus den CAE-Daten zu steuern.

Automatisierung und Regelwerk-Management

Um die Planungsprozesse zu beschleunigen und Fehler zu vermeiden, enthalten CAE-Systeme Regelwerke, die Planungsrichtlinien und Normen abbilden. Diese Regelwerke werden genutzt, um Prüfungen, Plausibilitätskontrollen und automatische Optimierungen durchzuführen. Ein Beispiel ist die automatische Kontrolle von Sicherheitsabständen in einem Schaltschrank oder die Überprüfung der Einhaltung von Kabelquerschnitten und Leitungslängen.

Die Regelwerke können durch den Anwender angepasst werden, sodass sie projektspezifische Anforderungen oder interne Standards abbilden. Diese automatisierten Prüfmechanismen reduzieren Fehler und gewährleisten, dass alle geplanten Komponenten und Verbindungen den geltenden Normen und Qualitätsstandards entsprechen.

Herausforderungen und Best Practices bei der Nutzung von CAE-Systemen

  • Datenmanagement und Konsistenz: Experten müssen sicherstellen, dass die Projektdaten, Bauteilbibliotheken und Konfigurationsdateien stets aktuell und konsistent sind. Da CAE-Projekte oft aus Tausenden von Objekten und Verbindungen bestehen, kann eine Dateninkonsistenz zu erheblichen Planungsfehlern führen.

  • Standardisierung und Modularisierung: Die Standardisierung von Komponenten und Prozessen ist ein Schlüsselfaktor für die Effizienzsteigerung. Durch die Verwendung modularer Baugruppen und Schaltungs-Makros können Planungen schneller erstellt und Projekte besser skaliert werden.

  • Schulung und Prozessintegration: Die Komplexität von CAE-Systemen erfordert eine umfassende Schulung der Anwender. Zudem sollten die Workflows des CAE-Systems in die bestehenden Entwicklungsprozesse integriert werden, um eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Teams und Abteilungen sicherzustellen.

  • Sicherheits- und Zugriffsmanagement: Aufgrund der sensiblen Natur elektrotechnischer Projektdaten ist es wichtig, ein durchdachtes Zugriffs- und Berechtigungskonzept zu implementieren. Dies gewährleistet, dass nur autorisierte Benutzer Zugriff auf bestimmte Informationen haben und Änderungen vornehmen können.

Zukunftsperspektiven und Trends

  • Automatisierte Fertigung und Industrie 4.0: Die enge Verzahnung von CAE-Systemen mit der Fertigungstechnik erlaubt eine durchgängige Automatisierung, z.B. bei der Schaltschrankproduktion. Durch die Übergabe von Planungsdaten direkt an Fertigungsmaschinen kann die Produktionszeit reduziert und die Qualität verbessert werden.

  • KI und maschinelles Lernen: Die Anwendung von KI-Algorithmen in CAE-Systemen ermöglicht die automatische Fehlererkennung, Optimierung von Schaltungen und Vorschläge für alternative Komponenten oder Verbindungswege. Diese KI-basierten Tools können die Planungszeit erheblich reduzieren und Planungsfehler minimieren.

  • Cloud-Computing und Collaboration: Die Cloud-Nutzung ermöglicht eine effiziente Zusammenarbeit über Standorte hinweg. Projekte können zentral gespeichert, versioniert und in Echtzeit von verschiedenen Teams bearbeitet werden, was den Entwicklungsprozess beschleunigt und Fehler durch manuelle Datenübertragungen minimiert.

  • Digital Twin und Simulationstechnologien: Die Nutzung von Digital Twins und fortschrittlichen Simulationstechnologien wird es ermöglichen, elektrotechnische Systeme vollständig virtuell zu testen und zu optimieren, bevor sie in der Realität aufgebaut werden. Diese Technologie wird eine neue Ära der Planungsgenauigkeit und Effizienz einleiten.